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Zwischen Hoffnung und Ungewissheit – Bildung in Afghanistan

Afghanistan ist ein junges Land: rund zwei Drittel aller Einwohner sind jünger als 25 Jahre. Trotzdem hat die Hälfte der Kinder und Jugendlichen in Afghanistan keinen Zugang zu Bildung. Laut der UN-Kinderhilfsorganisation UNICEF besuchen demnach rund 4 Millionen Kinder in Afghanistan keine Schule, 60% davon sind Mädchen. Adele Khodr, Leiterin von UNICEF Afghanistan, beklagt: „Wenn Kinder nicht zur Schule gehen, sind sie in höherer Gefahr, missbraucht, ausgebeutet oder rekrutiert zu werden“. Wie lernt es sich in einem Land, das gebeutelt ist von Armut und Krieg, in dem Mädchen immer noch unterdrückt und Schulen zerbombt werden?

Immernoch haben viel zu viele Kinder und Jugendliche in Afghanistan keinen Zugang zu Bildungseinrichtungen. © pixabay.com

Das afghanische Bildungssystem

Das Bildungsministerium regelt und organisiert das afghanische Bildungssystem zentral für das gesamte Land. Es gibt in Afghanistan vier verschiedene Bildungsbereiche: Die Allgemeinbildung mit Grundschule sowie Sekundärbildung I und II, die Islamische Bildung, die berufliche Bildung sowie die Hochschulbildung. Nach dem Abschluss der Sekundärbildung I kann zwischen einer weiterführenden Schulbildung oder einer beruflichen Bildung ausgewählt werden. Ein erfolgreicher Abschluss der Sekundärbildung II berechtigt zu einem Studium an einer der 31 Universitäten Afghanistans.  

Kaum Bildung für Mädchen

Die Alphabetisierungsrate der weiblichen afghanischen Jugendlichen liegt bei lediglich ca. 18% – während die der Jungen mit 51% zwar immer noch extrem niedrig, den Mädchen aber deutlich voraus ist. Mädchen werden in Afghanistan immer noch systematisch von Bildungsmöglichkeiten ausgeschlossen. Von allen Kindern, die keine Schulbildung genießen können, sind über die Hälfte weiblich, in einigen Regionen besuchen fast 90% der Mädchen keine Schule. Aus kulturellen und religiösen Gründen lehnen es zahlreiche Familien ab, ihre Töchter von Männern unterrichten zu lassen – an weiblichen Lehrkräften mangelt es im ganzen Land erheblich. Während der Herrschaft der Taliban war Bildung ausschließlich Jungen vorbehalten. Für Schülerinnen hat sich die Situation nach dem Sturz der Taliban zwar ein wenig verbessert, von Gleichberechtigung im Bildungswesen kann man in Afghanistan aber leider noch lange nicht sprechen.

Von allen Kindern, die keinen Zugang zu Bildung haben, sind über die Hälfte Mädchen. © Drop and Ride

Schulen im Krisengebiet

In Afghanistan fehlen Schulen. Rund 70% der Bildungseinrichtungen wurden während des Krieges in Afghanistan komplett zerstört. Momentan befinden sich viele Schulen wieder im Aufbau, trotzdem fehlen aufgrund der ungenügenden Infrastruktur vor allem in ländlichen Provinzen Bildungseinrichtungen. Aber auch in den Städten mangelt es an Unterrichtsmaterialien, einer stabilen Stromversorgung, Sanitäranlagen und – am essenziellsten – an qualifizierten Lehrkräften. Zusätzlich sind in den letzten Jahren tausende Schulen aufgrund der sich weiter verschlechternden Sicherheitslage geschlossen worden. Immer wieder werden Schulen und andere Bildungseinrichtungen Ziele für Anschläge. Viele Familien verwehren ihren Kindern, auch aus Angst vor Anschlägen oder Entführungen auf dem Schulweg, den Besuch einer Schule.

Ein Funken Hoffnung

In den letzten Jahren hat sich die Alphabetisierungsrate der Mädchen und Jungen in Afghanistan im Vergleich der letzten Jahrzehnte deutlich verbessert. Obwohl die größte Hürde in Afghanistan immer noch die Einschulung bleibt, wird deutlich, dass die meisten Kinder, die eine Schule besuchen, diese auch tatsächlich beenden. Nur rund 10% der afghanischen Jugendlichen brechen die weiterführende Schule wieder ab. Für die Absolventen ergeben sich daraus große Chancen auch auf dem internationalen Arbeitsmarkt. 2018 erklärte die afghanische Regierung das Jahr zum „Jahr der Bildung“ – ein kleiner Hoffnungsschimmer für die Zukunft des afghanischen Bildungssystems und ein Zeichen, dass die Regierung diesen Sektor endlich ernst nimmt.

Die positive Seite: Fast alle Kinder, die eingeschult werden, beenden die Schule mit einem geregelten Abschluss. ©www.pixabay.com

Wie geht es nun weiter?

Damit möglichst viele Kinder in Afghanistan eingeschult werden, ist es wichtig, Bildungsmöglichkeiten für eine breite Basis zu schaffen. Kleine Einrichtungen, auch in abgelegenen Dörfern, erleichtern den Einstieg in das Bildungswesen und schaffen einen einheitlichen Wissensstand – auch für Mädchen.  Zudem ist Afghanistan angewiesen auf finanzielle Spenden und Sachspenden in Form von Unterrichtsmaterialien und Schulausstattung.
Viel Hoffnung liegt auf Absolventen, die in Amerika oder Europa studiert haben und nun nach Afghanistan zurückkehren. Sie sollen moderne Inhalte und Arbeitsweisen in ihr Heimatland bringen – angesichts der konservativen Kultur und der fehlenden technischen Mittel lässt sich dies allerdings nicht so schnell umsetzen, wie gewünscht. Die Verunsicherung unter den Jugendlichen angesichts der drohenden Machtteilung mit den Taliban ist groß: Die Wahrscheinlichkeit, dass die neue Regierung, wie schon zu Zeiten des Krieges, Mädchen den Zugang zu Bildung untersagt oder zumindest auf die Grundschule beschränkt, ist gegeben. Wie groß sie ist, kann momentan noch nicht genau eingeschätzt werden.

Hilfe für Afghanistans Schülerinnen und Schüler dank NGOs

Zahlreiche internationale, aber auch nationale NGOs und Vereine haben es sich angesichts der schwierigen Verhältnisse im Land zur Aufgabe gemacht, Afghanistans Bildungssystem unter die Arme zu greifen. Gemeinsam mit PFO, einer Kabuler NGO, unter der auch das bekannte Drop and Ride Projekt läuft, hat Abasha bereits erfolgreich einen Englischkurs in Kabul in die Tat umgesetzt: Wir von Abasha konnten Ende 2019 dank zahlreicher Unterstützer genug Geld sammeln, um 20 Kabuler Jugendlichen zwischen 14 und 24 Jahren diesen grundlegenden Englischkurs zu ermöglichen. PFO kümmerte sich um die Anstellung der Lehrerin und die Auswahl der Schülerinnen und Schüler. Der Kurs wird im Frühjahr 2020 beginnen und drei Monate dauern; die Finanzierung für die einjährige Erweiterung des Kurses läuft bereits. Wir sind stolz darauf, durch dieses Angebot den Kindern und Jugendlichen Kabuls ein Tor zu essentieller Bildung und daraus folgender internationaler Partizipation und Emanzipation zu öffnen.

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Quellen:

Apell an Kriegsparteien – „Bildung in Afghanistan unter Beschuss“. (o.D.). Abgerufen am 17. März 2020 von https://www.dw.com/de/bildung-in-afghanistan-unter-beschuss/a-48919326

Fast die Hälfte der Kinder in Afghanistan geht nicht zur Schule. (2018, 3. Juni). Abgerufen am 17. März 2020 von https://www.unicef.de/informieren/
aktuelles/presse/2018/bildung-maedchen-in-afghanistan/166406

Gerner, M. Bildungssystem in Afghanistan – „Eine Machtteilung mit den Taliban würde das Rad zurückdrehen“. (o.D.). Abgerufen am 17. März 2020 von https://www.deutschlandfunk.de/
bildungssystem-in-afghanistan-eine-machtteilung-mit-den.680.de.html?dram:article_id=459015

KiTa.NRW. Hintergrundwissen für frühpädagogische Fachkräfte zu Herkunftsländern – Bildung in der Islamischen Republik Afghanistan. (o.D.). Aufgerufen von https://www.kita.nrw.de/file/1773/download?token=gsD_lW5x

Länderprofil Afghanistan. (o.D.). Abgerufen am 17. März 2020 von https://www.bq-portal.de/db/L%C3%A4nder-und-Berufsprofile/afghanistan

 

 

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